Es gab bei der Produktion dieser langen Hörfunksendung über das „Haus der Natur“ in Salzburg und seine SS-Vergangenheit einige Versuche, den Journalisten Gerald Lehner bei Recherchen zu behindern und einzuschüchtern. Sie können diese 1998 bundesweit ausgestrahlte Sendung aus ORF Radio Österreich 1 hier unten via Web in voller Länge nachhören.
Glauben Sie, dass es in Österreich eine Pressefreiheit gibt, wenn man bestimmte Dinge, Strategien und Personen zu beleuchten versucht? Nationalsozialistisches Deutschland, austrofaschistisches und später nationalsozialistisches Österreich, Franco-Spanien, Mussolini-Italien, Vichy-Frankreich, Vietnam, Kambodscha, Laos, faschistisches Argentinien, Chile, Sowjetrussland, DDR, Südafrika, Ruanda, Serbien, Kroatien, Bosnien, Türkei, Irak, Libyen, Syrien:
In der modernen Politikwissenschaft ist der vergleichende Fachbereich, der sich mit Diktaturen, Massenmördern und Kriegshetzern, ihrem politischen Ende und den Auswirkungen auf demokratische Prozesse und grundlegende Freiheitsrechte befasst, noch sehr jung. Welche gemeinsamen Merkmale gibt es, wenn Machthaber, ihre Handlanger und Nachfolger versuchen, wenn nicht die direkte Macht, so doch Einfluss, Posten und die Deutungshoheit über Vergangenes zu behalten? Das „Haus der Natur“ in Salzburg und seine Strategien als privatrechtlich organisierter Verein, der massiv vom österreichischen Staat mit Steuergeld unterstützt wird und im staatsnahen Bereich mit Macht und Nachdruck agiert – auch in Bezug auf Kritiker: Es gibt in Österreich kaum andere Beispiele, die so deutlich machen, welche direkten Folgen der Nationalsozialismus auf die Zweite Republik Österreich und ihr politisches wie gesellschaftliches Leben hatte und hat. Was Sie hier im Originalton hören können: Das Interview mit Eberhard Stüber, dem früheren Direktor im „Haus der Natur“ und Vorgänger des aktuellen Museumschef Norbert Winding, kam unter aufschlussreichen Bedingungen zustande.
Pressefreiheit in Österreich: Der ORF-Hörfunkjournalist Gerald Lehner durfte es nur „unter Aufsicht“ führen und aufnehmen. Er war damals noch freier Mitarbeiter. Der fehlende Dienstvertrag und die dadurch mangelnde berufliche Absicherung lieferten ihn bewährten Connections und Machtzirkeln aus, dennoch zog Lehner das Projekt durch. Als Lehners „Bewacher“ beim Interview mit Stüber agierte der damalige Chefredakteur des Aktuellen Dienstes im ORF Landesstudio Salzburg, Hans Kutil. Als Lehner seinen früheren Chef fragte, wie weit dieser denn als Freund und Beschützer von Eberhard Stüber journalistisch noch zu gehen gedenke, sagt Kutil mit Verweis auf den langjährigen Führungsstil des Museumschefs und zur eigenen Verteidigung: „Mit Direktor Stüber kann niemand befreundet sein.“
Streitgespräch im ORF Radio Österreich 1 (1998) Museumsdirektor Eberhard Stüber (Haus der Natur) & Gert Kerschbaumer (Historiker, Schriftsteller) – insgesamt 30 Minuten.
Teil 1 (MP3-Download)
Teil 2
Teil 3
Ungeachtet dessen wurde Hans Kutil nach seiner Pensionierung beim ORF rasch der neue Präsident des Österreichischen Naturschutzbundes (ÖNB), den einst der Vorgänger Stübers im „Haus der Natur“, SS-Obersturmbannführer Eduard Paul Tratz gegründet hatte. Dass sich der Österreichische Rundfunk (ORF) trotz dieser personellen Zusammenhänge einmal mehr als Bollwerk von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt bewährte, war Lehners Kollegen im fernen Wien zu verdanken. Die Redaktion der Sendereihe „Journal Panorama“ begrüßte und unterstützte seine unabhängigen Arbeiten. Und unter Federführung des Wiener ORF-Redakteurs Manfred Steinhuber wurde diese Hörfunkproduktion dann im Herbst 1998 gesendet. Zu Wort kommt als Gegenstimme zu den Meinungen von Museumsdirektor Eberhard Stüber auch der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer, der auch erfolgreicher Schriftsteller und international bekannter Biograf von Stefan Zweig ist. Kerschbaumer war nach dem kanadischen Fachkollegen Michael Kater in Europa der erste Historiker, der sich mit nationalsozialistischen Umtrieben im „Haus der Natur“ und seinem Gründer Eduard Paul Tratz wissenschaftlich befasste. Umgang mit Quellen, Forschungsmaterial und kritischen Geistern Beim hauseigenen Projekt der historischen „Aufarbeitung“ im Salzburger „Haus der Natur“ wurde der Forschungspionier Gert Kerschbaumer von der für das Museum verantwortlichen Politik und der Museumsführung ausgeschlossen. Er wurde von diesem Kreis bis in den Sommer 2013 auch nicht kontaktiert oder eingeladen. Über Gründe kann nur spekuliert werden. Kerschbaumers kritischer Ton über Machenschaften der vergesslichen Politik in Österreich und ihren Populismus nach dem Zweiten Weltkrieg könnte mit ein Grund sein. Erst nach öffentlicher Kritik und Publikation des Sachverhaltes auf diesem Blog und in anderen Medien trat die Museumsleitung an Kerschbaumer heran und ersuchte ihn um Mitarbeit. Der unabhängige und unbequeme Historiker übergab dann seinem Kollegen Robert Hoffmann sein Material und hatte keine Absicht oder Lust, im „Forschungsprojekt“ des „Hauses der Natur“ mitzuarbeiten – bei dem es keine von Parteipolitik und Museumsleitung unabhängige Fachkommission gibt. Seither wird die Causa von der Museumsleitung öffentlich so kommuniziert, als sei Kerschbaumer von Anfang an beteiligt worden.
Der Journalist Gerald Lehner hat dem Arbeitsteam im „Haus der Natur“, das keine weisungsfreie und unabhängige Kommission von Fachleuten ist, die eigenen Recherche-Ergebnisse (auch über den Kriegsverbrecher und Naturforscher Bruno Beger) und diese Hörfunk-Sendung als Teil vielfältiger Quellen zur Nutzung angeboten und auch übermittelt. Vorangegangen war dem eine dringende Bitte des damals für das „Haus der Natur“ zuständigen Landespolitikers David Brenner (SPÖ) an Lehner, doch bei der Aufarbeitung mitzuwirken und einen Beitrag für eine Buchpublikation zu verfassen – über Strategien im „Haus der Natur“ in den letzten 20 bis 30 Jahren. Das wurde von der Museumsführung verhindert. Der aktuelle Museumsdirektor Norbert Winding hat auch die Nutzung von Kerschbaumers und Lehners Materialien und Forschungsergebnissen bei einem Gespräch im Jahr 2012 mit dem Hinweis abgelehnt, das sei alles nicht aktuell. Auf entsprechende Fragen nach seiner eigenen Mitverantwortung bei Vorgängen der letzten 20 bis 25 Jahre antwortete Winding ausweichend. Ein längeres Interview mit dem gegenwärtigen Museumsdirektor folgt hier noch.
Streitgespräch im ORF Radio Österreich 1 (1998) Museumsdirektor Eberhard Stüber (Haus der Natur) & Gert Kerschbaumer (Historiker, Schriftsteller) – insgesamt 30 Minuten.
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P.S.: Wenn die Argumente fehlen
Januar 2014: Die Kritik am Haus der Natur (HDN) und seinen Direktoren sei ja nur eine Revanche. Weil einer der HDN-Mitarbeiter die ehemalige Geliebte eines Kritikers geheiratet habe. Auf diesem Niveau unter der Gürtellinie bewegen sich mittlerweile Argumentationslinien des Direktors im HDN, Norbert Winding. Das Zitat stammt aus seinem Anruf beim Führungspersonal eines Rundfunksenders, der 2104 stattgefunden hat. Anrufer Winding bezog sich bei seiner mündlichen Intervention ausdrücklich auf dieses Blog und die darin enthaltenen Darstellungen des Geschehens. Welche Ehre.
Von der journalistischen Kollegenschaft beim Rundfunksender und bei Zeitungen und Magazinen heißt es dazu, solche Anrufe oder Darstellungen seien weder einzigartig noch überraschend. Bei vielen Themen, in zahlreichen Fällen und anderen politisch-historischen Zusammenhängen würden ähnliche Strategien angewendet. Die Gürtellinie komme dann ins Gespräch, wenn Argumente fehlen, um faktisch begründeter Kritik wirksam und sachlich entgegentreten zu können.